Mathematische Ordnung der Farben

Das Urfarben-Kennzahlen-System

Wieviel Farben gibt es? Ein farbsensibler Beobachter kann um die 100.000 Farbnuancen unterscheiden. Keinesfalls ist es einem Menschen möglich, mehr als 1 Million Farbunterschiede zu erkennen. Deshalb macht es überhaupt keinen Sinn, mit mehr als einer Million Farben zu rechnen.

Küppers´ Urfarben-Kennzahlen-System bezieht sich auf 1 Million Farbempfindungen. Jede wird mit einer Kennzahl aus 6 Ziffern bezeichnet, z.B.: "25 75 50". Wir haben es mit drei Gruppen von je zwei Ziffern zu tun. Jede Gruppe bezieht sich auf eine der drei Empfindungskräfte, auf eine Urfarbe (Urf). Die erste Gruppe gibt den Wert für die Urfarbe Violettblau (Urf B) an, die zweite Gruppe den für die Urfarbe Grün (Urf G) und die dritte Gruppe den für die Urfarbe Orangerot (Urf R).

Die Reihenfolge in der Urfarben-Kennzahl ist also nicht RGB sondern BGR. Der Grund dafür ist die Tatsache, dass in den wissenschaftlichen Darstellungen des Spektrums die kurzwelligen Strahlen auf der linken Seite stehen und die langwelligen auf der rechten. Wir sind gewöhnt, von links nach rechts zu lesen. Die kurzwelligen Lichtstrahlen aktivieren die Urf B (V) und die langwelligen die Urf R (O). Daraus ergibt sich in der Kennzahl diese Reihenfolge BGR.

Küppers teilt jede Empfindungskraft, jede Urfarbe, in 99 Energiepaketchen auf, die er als Recheneinheiten benutzt und die er Empfindungsquanten nennt. Das Minimum wird mit 00, das Maximum mit 99 bezeichnet, wodurch 100 Empfindungsstufen entstehen. So ergeben sich für die 8 Grundfarben folgende Urfarben-Kennzahlen:

Urf Blau

Urf Grün

Urf Rot

Grundfarben

 

00

00

00

= S

99

00

00

= B (V)

00

99

00

= G

00

00

99

= R (O)

99

99

00

= C

99

00

99

= M

00

99

99

= Y

99

99

99

= W

Jede Urfarben-Kennzahl (Urf-K) bezeichnet eine mögliche Farbempfindung und damit einen geometrischen Punkt im Farbenraum des Rhomboeders, der später erklärt wird. Die Urf-K "25 75 50" z.B. bedeutet, dass in der Urf B (V) 25 Empfindungsquanten aktiviert wurden, in der Urf G 75 und in der Urf R (O) 50. Aus dieser Urf-K lassen sich alle Zusammenhänge und Beziehungen ableiten, die diese Farbnuance betreffen.

Aus der Urfarben-Kennzahl kann man die Grundfarben-Kennzahl einer Farbnuance ableiten, die einem sagt, aus welchen Anteilen der acht Extremempfindungen eine Farbempfindung im Empfindungsmechanismus zusammengesetzt ist. Man kann ebenso die Mischformel für die Integrierte Mischung (IntMi) daraus ermitteln, also die Grundfarben-Teilmengen bestimmen, die für das Mischen mit deckenden Farbmitteln benötigt werden. Darüber hinaus errechnet man aus der Urfarben-Kennzahl die vier ästhetischen Unterscheidungsmerkmale der betreffenden Farbnuance.

Das Grundfarben-Kennzahlen-System

Gleiche Potentiale in allen drei Urfarben führen zur unbunten Farbempfindung Weiß (W) . Gleiche Potentiale in zwei Urfarben lassen die bunten Farbempfindungen Gelb (Y), Magentarot (M) und Cyanblau (C) entstehen. Potentiale in nur einer Urfarbe sind Werte für die bunten Farbempfindungen Violettblau (B bzw. V), Grün (G) und Orangerot (R bzw. O). Und die Differenz zwischen dem größten vorhandenen Potential und dem größtmöglichen (99) führt zum Wert für die unbunte Farbempfindung Schwarz (S). Man kann also folgende Rechnung aufstellen:

Urfarben
B G R

Grundfarben


25 25 25

00 25 25

00 25 00

00 00 00

-------------

25 75 50

(Urf-K)


= W 25

= Y 25

= G 25

= S 24

-------------

= 99 Mengenteile

Auf die hier beschriebene Weise lassen sich aus jeder Urfarben-Kennzahl (Urf-K) die Grundfarben-Teilmengen ableiten, die für das Mischen mit deckenden Farbmitteln benötigt werden. Immer haben wir es hier mit 99 Mengenteilen zu tun, die die mathematische Menge 1 bzw. 100% repräsentieren. Denn es handelt sich ja immer um eine einzige deckende Farbschicht, bei der keine Basisfarbe mitwirkt, um Differenzwerte auszufüllen. Bei der Integrierten Mischung (IntMi) wird zuerst gemischt und dann in einer einzigen deckenden Farbschicht aufgetragen.

Aus einer Urfarben-Kennzahl können sich maximal 4 Grundfarben-Teilmengen ergeben, aus denen eine Farbnuance zusammengesetzt sein kann. Das kann man am obigen Beispiel erkennen. Sind es vier Grundfarben-Teilmengen, dann sind immer die beiden unbunten Grundfarben W und S beteiligt, um den Unbuntwert entstehen zu lassen. Der Buntwert wird dann von zwei benachbarten bunten Grundfarben gebildet. Natürlich kann eine Urfarben-Kennzahl auch zu 3 oder 2 oder sogar nur zu einer Grundfarben-Teilmenge führen. Letzteres dann, wenn es sich um eine reine Grundfarbe handelt.

Errechnen der Mischkomponenten

Wenn wir das Sehorgan durch Additive Mischung veranlassen wollen, die Farbempfindung "25 75 50" hervorzubringen, muss die Intensität der drei bunten Farblichter so beschaffen sein, dass die Urf B (V) 25, die Urf G 75 und die Urf R (O) 50 Empfindungsquanten produziert.

Wir erinnern uns, dass bei der Subtraktiven Mischung (SubMi) die lasierende Farbschicht Y durch Absorption der kurzwelligen Strahlung die Urf B (V) aktiviert. Die lasierende Farbschicht M steuert durch Absorption der mittelwelligen Strahlung die Urf G aus und die lasierende Farbschicht C durch Absorption der langwelligen Strahlung die Urf R (O). In der Filterschicht Y muss also soviel absorbiert werden, dass die durchgelassene Strahlung zu 25 Empfindungsquanten der Urf B (V) führt. Die Filterschicht M hat soviel zu absorbieren, dass durch die durchgelassene Strahlung in der Urf G 75 Empfindungsquanten entstehen und die Filterschicht C absorbiert derart, dass die durchgelassene Strahlung in der Urf R (O) 50 Empfindungsquanten hervorbringt.

99 99 99
25 75 50

--------------

74 24 49

Y   M   C

Indem man die Differenz zwischen der Urf-K "99 99 99" (weißes Licht) und der Urf-K unserer Farbnuance "25 75 50" bildet, ergeben sich jene Werte, die bei der SubMi für die drei bunten Farbschichten benötigt werden.

In der Filterschicht Y werden demnach 74 Mengenteile, in der Filterschicht M 24 Mengenteile und in der Filterschicht C 49 Mengenteile benötigt, um im Sehorgan die Farbempfindung "25 75 50" entstehen zu lassen.

Will man die Farbempfindung "25 75 50" durch Integrierte Mischung (IntMi), also durch Mischen deckender Farbmittel erreichen, dann werden, wie die Rechnung ganz oben zeigt, 25 Mengenteile der unbunten Grundfarbe W, 25 Mengenteile der bunten Grundfarbe Y, 25 Mengenteile der bunten Grundfarbe G und 24 Mengenteile der unbunten Grundfarbe S benötigt. Jetzt wird zuerst gemischt und dann in einer einzigen deckenden Farbschicht aufgetragen. Diese eine deckende Farbschicht repräsentiert immer die mathematische Menge 1, also 100%. Deshalb gibt es bei der IntMi immer 99 Mengenteile, unabhängig davon, ob vier Grundfarben, drei, zwei oder nur eine am Zustandekommen der Farbnuance beteiligt sind.

So leitet sich aus dem Urfarben-Kennzahlen-System das Grundfarben-Kennzahlen-System ab.

Die vier ästhetischen Unterscheidungsmerkmale der Farben

Wie bereits erklärt wurde, lassen sich aus den Urfarben-Kennzahlen die Grundfarben-Kennzahlen für eine Farbnuance ableiten. Und aus diesen ergeben sich die ästhetischen Unterscheidungsmerkmale, die auch Anmutungsqualitäten oder Qualitätsparameter genannt werden, nämlich Unbuntart, Buntart, Buntgrad bzw. Unbuntgrad und Helligkeit.

Für die Urfarben-Kennzahl "71 56 14" ergibt sich folgende Rechnung:

Urfarben
B G R

Grundfarben


14 14 14

42 42 00

15 00 00

00 00 00

-------------

71 56 14


= W 14

= C 42

= V 15

= S 28

-------------

= 99 Mengenteile

Unbuntart

Die Unbuntmenge dieser Farbnuance "71 56 14" besteht aus den beiden Teilmengen W 14 und S 28. Das Mischungsverhältnis von W zu S ist 1 : 2. Dieses Mischungsverhältnis bestimmt die Unbuntart, nämlich ein dunkles Grau, das dann entsteht, wenn man einen Teil W mit zwei Teilen S mischt. Dieser Parameter ist von Küppers neu in die Farbenlehre eingeführt worden.

Buntart

Die Buntmenge ist aus den beiden Teilmengen C 42 und V 15 zusammengesetzt. Das ist fast das Mischungsverhältnis von C zu V wie 3 : 1, durch welches die Buntart bestimmt wird. Wir haben es hier mit einer Buntart zu tun, die zwischen Cyanblau und Violettblau (B) liegt und die dann entsteht, wenn man etwas weniger als 3 Teile C mit einem Teil V mischt.

Buntgrad bzw. Unbuntgrad

Addiert man die beiden unbunten Teilmengen zusammen, bekommt man 42 Mengenteile. Die beiden bunten Teilmengen zusammen ergeben 57 Mengenteile. Das Mischungsverhältnis dieser beiden Vereinigungsmengen zueinander bestimmt das Ausmaß des Buntseins bzw. des Unbuntseins dieser Farbnuance. Wenn wir uns auf das Ausmaß des Buntseins beziehen, sprechen wir vom Buntgrad einer Farbnuance. Wollen wir das Ausmaß des Unbuntseins der Farbnuance bezeichnen, sagen wir Unbuntgrad. Buntgrad und Unbuntgrad zusammen ergeben immer 99 Mengenteile bzw. 100%. Es handelt sich bei ihnen also um reziproke Werte, gewissermaßen um die beiden Seiten ein und derselben Medaille, nämlich um die gleiche Farbnuance. Bei unserer Farbnuance "71 56 14" haben wir es demnach mit einem Buntgrad von 57% und einem Unbuntgrad von 42% zu tun.

Diese Zusammenhänge sind in der Abbildung grafisch dargestellt. Das quadratische Kästchen (A) repräsentiert die Farbnuance, die aus Teilmengen der vier Grundfarben W, S, C und V besteht. In (B) sehen wir, wie W und S zusammen als Vereinigungsmenge die Unbuntmenge bilden. Das Mengenverhältnis dieser beiden unbunten Teilmengen zueinander bestimmt die Unbuntart. Aus C und V entsteht als Vereinigungsmenge die Buntmenge (C). Dieses Mengenverhältnis bestimmt die Buntart. Aus dem Mengenverhältnis zwischen der Unbuntmenge und der Buntmenge ergibt sich der Unbuntgrad, bzw. der Buntgrad. Schließlich soll (D) symbolisieren, dass alle vier Teilmengen zusammen die als Einheit wahrgenommene Farbnuance, nämlich die Farbempfindung "71 56 14" entstehen lassen.

Helligkeit

Das vierte ästhetische Unterscheidungsmerkmal ist die Helligkeit einer Farbnuance. Dieser Parameter ist völlig unsymmetrisch im Farbenraum angeordnet. Das kann auch nicht anders sein, weil die 8 Grundfarben die unterschiedlichsten Helligkeiten besitzen und sich die Helligkeit einer Farbnuance aus der individuellen Eigenhelligkeit der beteiligten Grundfarben und aus der Größe ihrer Teilmengen ergibt, mit der sie an der Mischung beteiligt sind.

Wir haben es bei den Farben also nicht, wie bisher gelehrt und geschrieben wurde, mit den drei ästhetischen Unterscheidungsmerkmalen Farbton, Sättigung und Helligkeit zu tun, sondern mit vier, die in Küppers' Farbenlehre mit den eindeutigen und unmissverständlichen Begriffen Buntart, Unbuntart, Buntgrad bzw. Unbuntgrad und Helligkeit bezeichnet werden.

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